Test: D-VHS-Recorder JVC HM-DR10000

Finish, Features und Anschlüsse

Nachdem die Tage des analogen Videobandes gezählt sind und es nur noch wenige Jahre dauern dürfte, bis die DVD dem alten Medium VHS den Todesstoss versetzen wird, ist die wiederbespielbare DVD eine der am meisten erwarteten Innovationen. Bis die ersten Recorder erhältlich sein werden, wird es voraussichtlich noch bis Ende des Jahres dauern, allerdings wird es diese zunächst nur zu Preisen oberhalb von 5000 DM geben. Da bietet sich als Alternative das jetzt schon erhältliche D-VHS an, das vom VHS-Systemerfindern JVC entwickelt wurde und auf Kassetten im VHS-Format digitale Aufnahmen ermöglicht. Das erste Gerät dieser Art, der JVC HM-DR10000 kostet im Vergleich "nur" rund 3500 DM. Auf einem D-VHS-Band lassen sich 44.4 GB Daten speichern, das ist mehr als das vierfache einer für die meisten Spielfilme normalerweise verwendeten Dual Layer-DVD. Digitale Aufnahmen von digitalen Signalen sind über die DV-Schnittstelle möglich, sofern das Quellsignal nicht mit einem Kopierschutz versehen wurde. Da aber die meisten Geräte wie DVD-Player, Satellitenreceiver oder Digital-TV-Empfänger ohnehin über keinen Digitalausgang verfügen, stattete JVC den HM-DR10000, zusätzlich noch mit einem MPEG2-Encoder aus, der sowohl Bild als auch Ton (in Stereo) komprimiert und digital auf den Bändern abspeichert. D-VHS besitzt mit einer Datenrate von 14.1 Mbps sogar weitaus mehr Reserven als die DVD, die bereits bei rund 9.7 Mbps ihr Limit erreicht. Damit ergibt sich mit D-VHS-Bändern eine Gesamtlaufzeit von acht Stunden. Alternativ steht noch ein Longplay-Modus zur Verfügung, mit dem dann ganze 21 Stunden auf Band aufgenommen werden können, allerdings mit nur noch 4.7 Mbps und einer entsprechend gröberen Kompression. Da D-VHS-Kassetten die gleichen Abmessungen analoger VHS-Bänder besitzen, eignet sich der Recorder auch zur Wiedergabe und Aufnahme im VHS- und S-VHS-Standard. Allerdings kommt beim JVC HM-DR 10000 noch nicht die neue ET-Technologie zum Einsatz, die auch auf VHS-Bändern Aufnahmen im S-VHS-Modus ermöglicht. Dafür kann man immerhin aber auch auf S-VHS-Bändern D-VHS-Aufnahmen machen. Dies hat sogar den Vorteil, dass gegenüber analogen S-VHS-Aufnahmen auf einem 240er Band nicht nur 240 Minuten sondern rund 345 Minuten Platz finden. Eingangsquellen lassen sich über DV-IN, SCART und S-Video anschließen. Und für TV-Aufnahmen besitzt der HM-DR10000 einen eingebauten Analog-Tuner. Hierdurch unterscheidet sich das europäische Modell von den meisten in den USA erhältlichen D-VHS-Recordern, die einen Digital-Tuner integriert haben, von dem dann ohne Umwege direkt der MPEG2-Datenstrom aufs Band gespielt wird.

Leider ist der HM-DR10000 kein echtes Multinorm-Gerät: NTSC-Bändern werden zwar in PAL 60 abgespielt. NTSC-Aufnahmen sind allerdings nicht möglich.

Ein altes Manko von VHS-Recordern hat JVC durch das Navigationssystem versucht, zu vermindern. Jede Aufnahme wird in einem Speicher registriert. Nach dem Einlegen des Bandes lässt sich dann ein Menü aufrufen, aus dem man dann direkt die gewünschte Aufnahme aufrufen kann, die der Recorder dann anspult. Nachträglich lassen sich auch Spielfilmtitel eingeben und die Aufnahme einem bestimmten Genre zuordnen. Damit der Recorder sich auch zurechtfindet, ist es allerdings erforderlich, die Aufnahmen ohne Kassettenwechsel vorzunehmen, da ansonsten der Recorder für ein Band mehrere Inhaltsverzeichnisse anlegt.

Die Bedienung des Recorders gestaltet sich sehr einfach. Sowohl über das große Jog-Shuttle am Recorder selbst als auch über die kompakte und handliche Fernbedienung lässt sich der Recorder sofort und problemlos bedienen, ohne dass man auch nur einen Blick in die Bedienungsanleitung werfen muss. Negativ fiel auf, dass die große Frontklappe, wenn sie geschlossen ist, den Blick auf das LED-Display mit der Bandanzeige versperrt. Auch das Umschalten zwischen Digital- und Analog-Aufnahmemodus erfordert immer den Gang zum Recorder, da auf der Fernbedienung die entsprechende Taste fehlt.

Bewertung

Bild

Was eignet sich besser zum Testen der Bildqualität eines D-VHS-Recorders als eine DVD-Aufnahme, am besten sogar noch von einer perfekten DVD wie z.B. A Bug´s Life, einem Film, der von der Entstehung bis zur Pressung auf DVD ausschließlich digital weiterverarbeitet wurde? Gesagt, getan. Doch die Umsetzung dieser Idee war leider nicht möglich: Denn der Recorder weigert sich, Aufnahmen von DVDs zu machen, obwohl der DVD-Player sich ohnehin nur über S-Video mit dem Recorder verbinden lässt. Mit im DVD-Player deaktivierten Macrovision-Kopierschutz sind zwar analoge Kopien im S-VHS-Modus möglich. In dem Moment, wo der Aufnahmewahlschalter aber auf D-VHS umgelegt wird, nimmt der Recorder gerade eine Sekunde Bild auf zeigt danach eine Fehlermeldung an. Des Rätsels Lösung ist ein weiterer Kopierschutz, der vermutlich ähnlich wie beim VPS-Timer-System auf ein Signal in der Video-Austastlücke reagiert. Ähnlich wie bei Macrovision wird dieser Kopierschutz aber nicht von jedem Anbieter eingesetzt: Während DVDs von Warner, Columbia, Fox, BMG, Kinowelt, Universal sich nicht kopieren lassen, ist dies mit DVDs von VCL und Concorde z.B. möglich.

Als Testmaterial dienten daraufhin die DVDs Der Schakal von Concorde, American Pie von VCL/MAWA und hochwertige Testbilder der Burosch Referenz-DVD sowie Aufnahmen des internen TV-Tuners. Die Ergebnisse waren verblüffend und übertrafen alle Erwartungen: Dank der hohen Bitrate ist der D-VHS-Recorder in der Lage, Digital-Aufnahmen zu machen, die sich praktisch nicht mehr vom Original unterscheiden lassen. Im Direktvergleich zwischen Original und Digital-Aufnahme sind Unterschiede selbst aus naher Distanz nicht eindeutig auszumachen. Die Aufnahmen sind sehr scharf und frei von Rauschen oder Kompressionsartefakten. Selbst bei schnellen Bewegungen z.B. bei Sportaufnahmen, wo der Recorder hohe Datenraten in Echtzeit komprimieren muss, gerät das Bild niemals aus dem Tritt. Während man hier auf DVDs schon einmal Nachzieheffekte oder Bewegungsunschärfen registrieren muss, sind die Aufnahmen des Recorders immer in gleichem Maße perfekt. Auch Bilder von verrauschten Signalquellen, die zeigen, wie sorgfältig der Encoder auch schlechtes Ausgangsmaterial komprimieren kann, weisen keinerlei Bildfehler auf, die nicht schon beim Original zu sehen waren.

Naturgemäß nicht ganz so perfekt sind die Aufnahmen im LS3-Longplay-Modus, da der Recorder bei einer Datenrate von 4.7 Mbps schon recht kräftig das Bild komprimieren muss. Die Bildqualität liegt hier daher "nur" noch ungefähr auf S-VHS-Niveau. Das Bild wirkt hier etwas weicher und zeigt ein leichtes Farbrauschen. Bei schnellen Bewegungen sind auch schon einmal leichte Artefakte zu sehen. Wenn die Aufnahmequelle dann auch noch stark verrauscht ist, machen sich außerdem auch leichte Nachzieheffekte bemerkbar. Trotzdem sind selbst im digitalen Longplay-Modus die Aufnahmen immer noch so gut, dass man sie auf jeden Fall VHS-Kopien vorziehen kann. Dadurch, dass die Bilder durch die stärkere Komprimierung etwas weicher gezeichnet werden, verschwindet sogar bei TV-Aufnahmen das in den meisten Kabelnetzen übliche Rauschen etwas aus der Aufnahme.

Da DVDs sich in der Regel mit dem Recorder nicht digital kopieren lassen, testeten wir auch die S-VHS-Qualitäten. Zwar haben die Digitalaufnahmen natürlich immer noch einen deutlichen Vorteil, doch der JVC-Recorder ist auch eine hervorragende S-VHS-Aufnahmemaschine. Während S-VHS noch vor wenigen Jahren zwar deutlich bessere Ergebnisse als VHS erzielte aber immer noch deutlich von TV-Qualität entfernt war, hat sich dieser Unterschied inzwischen auf ein Minimum reduziert: Die Bilder sind sehr detailgetreu und ruhig. Von Aufnahmen im  Digitalmodus mit hoher Datenrate unterscheiden sich sie sich eigentlich nur noch durch ein leichtes Farbrauschen und eine nicht ganz so feine Detailzeichnung.

Zum Schluss machten wir noch einmal die Probe aufs Exempel: Besitzer von S-VHS-Recordern, die nicht viel Geld für die teureren S-VHS-Bänder ausgeben wollen, kennen diesen Trick bereits vielleicht: Durch vorsichtiges Bohren eines kleinen Loches auf der Unterseite der Kassette, lassen sich auch herkömmliche S-VHS-Recorder dazu überreden, auf VHS-Bändern mit S-VHS-Technik aufzunehmen - meistens allerdings mit enttäuschenden Ergebnissen, da sich der Recorder auf die VHS-Bänder mit den gröberen Magnetpartikeln nicht einmessen kann. Viel besser sah es da schon im Digitalmodus aus: Auch auf VHS-Bändern lassen sich Aufnahmen in guter Digitalqualität machen, die auf den ersten Blick kaum Qualitätsunterschiede erkennen lassen. Mit diesen preiswerten Aufnahmemedien ergibt sich für Videoaufnahmen ein unschlagbares Preis/Leistungsverhältnis. Wer den Recorder im professionellen Bereich oder zur Archivierung einsetzen will, der sollte allerdings sicherheitshalber doch auf die optimal abgestimmten D-VHS-Bänder mit den feineren Magnetpartikeln zurückgreifen.

 

Bewertung



Fazit

Mit D-VHS wird endlich ein langgehegter Wunsch Realität: Aufnahmen, die sich nicht oder nur kaum vom Quellsignal unterscheiden lassen. Gleich mit dem ersten Modell erreichte JVC dieses Ziel auf Anhieb. Selbst im Longplay-Modus mit geradezu fantastischen 21 Stunden Aufnahmedauer ist die Bildqualität immer noch VHS-Aufnahmen überlegen. Auch S-VHS-Aufnahmen bieten eine sehr gute Bildqualität, die nur noch leichte Macken zeigt. JVC hat mit dem HM-DR10000 das Optimum des technisch Machbaren ausgereizt. Nur schade, dass gerade hochwertige DVD-Aufnahmen aufgrund des Kopierschutzes nicht auf digitalem Wege möglich sind. Da aber kaum zu erwarten ist, dass die kommenden DVD-Recorder hierzu in der Lage sein werden, ist D-VHS eine ernsthafte Alternative für Digitalaufnahmen, die aufgrund der höheren Datenraten sogar technisch überlegen ist. Auch das Preis/Leistungsverhältnis stimmt - trotz des auf den ersten Blick hohen Preises von rund 3500 DM. Denn die ersten DVD-Recorder werden auf jeden Fall teurer werden und auch die bereits länger erhältlichen DV-Recorder kosten beinahe das Doppelte.

 

Pro & Contra

Hervorragende Bildqualität bei Digitalaufnahmen im Standard-Modus
Sehr gute Bildqualität bei Aufnahmen im S-VHS-Modus
Überragende Aufnahmedauer im LS3-Modus von max. 21 Stunden
Keine NTSC-Aufnahmemöglichkeit
Keine ET-Technologie für S-VHS-Aufnahmen mit VHS-Tapes

Technische Daten

Videoformate: D-VHS, S-VHS, VHS
NTSC-Playback (nur S-VHS und VHS)
Standard und Longplay-Modus (Bei D-VHS max. 21 Stunden im LS3-Modus)
Eingänge: 2 x SCART, 1 x S-Video, 1 x S-Video (Front) 1 x Cinch (Composite Video, Front), 1 x Cinch-Stereo, 1 x Cinch-Stereo (Front), DV-IN (IEEE1394)
Audioausgänge: 1 x Cinch
Eingebauter TV-Tuner inkl. Hyperband mit VPS und Showview
Video-Navigationssystem
Farbe: Champagner
Maße (B x H x T): 468 x 145 x 369 cm
Gewicht: 8 kg
Mitgeliefertes Zubehör: HF-Antennenkabel, S-Video-Kabel, 21-pol. SCART-Kabel, DV-Kabel, Netzkabel, Batterien für Fernbedienung
Preis: 3500 DM (UVP)

15. August 2000

Test: Karsten Serck